Mieter müssen weitreichende Modernisierung nicht dulden

§ Kommentar


Mieter müssen weitreichende Modernisierung nicht dulden

Zu BGH, Beschluss vom 21.11.2017 – VIII ZR 28/17 -.

18. Dezember 2017

 

Wenn durch vorgesehene weitreichende Maßnahmen der Charakter der Mietsache grundlegend verändert werden würde, stellen dieses keine vom Mieter zu duldenden Modernisierungsmaßnahmen i. S. v. § 555b Nr. 4 oder Nr. 5 BGB dar.

Im vorliegenden Fall sind die Beklagten aufgrund eines im Jahr 1986 abgeschlossenen Mietvertrags Mieter eines älteren Reihenhauses in einer Berliner Siedlung. Derzeit bezahlen sie eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 463,62 €. Das Anwesen war durch die Klägerin erworben worden, die nunmehr beabsichtigt, umfangreiche bauliche Maßnahmen durchzuführen. Diese sollen von den Beklagten geduldet und eine weitaus höhere Kaltmiete von 2.149,99 € monatlich gezahlt werden. Vorgesehen sind insbesondere:

  • die Anbringung einer Wärmedämmung an der Fassade, am Dach und an der Bodenplatte,
  • der Austausch der Fenster und Türen,
  • der Einbau leistungsfähiger Elektrostränge im Bereich des Schornsteins,
  • die Verlegung von Leitungen unter Putz,
  • die Veränderung des Zuschnitts der Wohnräume und des Bads,
  • die Entfernung der vorhandenen Heizung und den Einbau einer neuen Gasetagenheizung,
  • der Ausbau der vorhandenen Sanitärobjekte im Bad und den Einbau einer neuen Badewanne und einer neuen Dusche,
  • eine neue Verfliesung des Bodens und die Herstellung von Anschlüssen für eine Spülmaschine beziehungsweise eine Waschmaschine,
  • die Errichtung eines Wintergartens mit Durchbruch zur neu entstehenden Wohnküche,
  • die Entfernung der Drempelwände,
  • der Ausbau des Spitzbodens über dem Obergeschoss,
  • die Herstellung einer Terrasse,
  • die Herausnahme des Bodens im Hauswirtschaftsraum,
  • die Tieferlegung des Bodenniveaus,
  • die Einbringung einer neuen Treppe sowie Instandsetzungsmaßnahmen an den Fenstern, der Klingel- und Schließanlage, den Innentüren, an den Kaltwasserleitungen, der Treppe zum Obergeschoss und an dem Abwasseranschluss.

Das Amtsgericht hatte die Klage bereits mit der Begründung abgewiesen, dass die geplanten Maßnahmen – soweit es sich nicht um Instandsetzungsarbeiten handelt – nicht als Modernisierung im Sinne von § 555b BGB zu werten sind. Von einer Verbesserung der Mieträume könne nicht mehr gesprochen werden. Vielmehr werde etwas völlig Neues geschaffen. Eine Identität der Räume vor und nach den Umgestaltungsmaßnahmen sei nicht mehr gewahrt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte nun auch vor dem BGH keinen Erfolg. Denn der Entscheidung schloss sich der BGH an, da das beabsichtigte Maßnahmenpaket von den Beklagten nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (§ 555a Abs. 1, § 555d Abs. 1 BGB) nicht zu dulden sei. Schließlich sei eine Modernisierungsmaßnahme davon gekennzeichnet, dass sie zwar über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands (vgl. § 555a BGB) hinausgeht, dabei allerdings die Mietsache nicht soweit verändert, dass etwas „Neues“ entsteht.  Die gegenständliche Modernisierungsankündigung auf neuneinhalb eng beschriebenen Seiten sind so weitreichend, dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde. Sie sollen ausweislich der Baubeschreibung u. a. dazu führen, dass das Reihenhaus unter Veränderung seines Grundrisses weitere Räume und einen anderen Zuschnitt der Wohnräume und des Bads erhält und des Weiteren sollen eine Terrasse angelegt und die Veranda abgerissen werden. Solch weitreichende Maßnahmen können nach der Verkehrsanschauung nicht mehr eine bloße Verbesserung der Mietsache i. S. e. nachhaltigen Erhöhung des Wohnwerts der Mietsache (§ 555b Nr. 4 BGB) oder einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse (§ 555b Nr. 5 BGB) sein. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang auch auf das Senatsurteil vom 23. Februar 1972 (VIII ZR 91/70, NJW 1972, 723) verwiesen.

Mit dieser Entscheidung dürfte aus Vermietersicht die Durchsetzung der Duldung solcher Maßnahmen erschwert werden, die dazu geeignet sind, die Mietsache grundlegend zu verändern. Dies könnte insbesondere sogenannte Luxussanierungen im vermieteten Bestand betreffen, die derzeit insbesondere in den Ballungsräumen hohe Renditen versprechen. Aus Mietersicht ist die Entscheidung zu begrüßen, da vergleichbare Maßnahmenpakete und Mietpreissteigerungen durch Altmieter im Regelfall wohl kaum getragen werden können. Die Einschätzung, ob die durch einen Vermieter vorgesehenen Maßnahmen (wie im vorliegenden Fall) nicht § 555b entsprechen, dürfte jedoch weiterhin einer individuellen Prüfung vorbehalten bleiben.


Urteil:

BGH, Beschl. v. 21.11.2017 – VIII ZR 28/17 -, ECLI:DE:BGH:2017:211117BVIIIZR28.17.0

Verfahrensgang:

LG Berlin, Urt. v. 08.12.2016 – 67 S 276/16 -, juris.