§ Kommentar
Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem Sondergebiet
Zu BVerwG, Urteil vom 17.10.2019 – 4 CN 8.18 -.
10. Dezember 2019
Dass BVerwG hat entschieden, dass eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem sonstigen Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 BauNVO) mangels Rechtsgrundlage unwirksam ist.
Der angegriffene Bebauungsplan setzt drei Sondergebiete fest. In den Sondergebieten SO 1 und SO 2 ist jeweils ein Einkaufszentrum mit zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten zulässig. Im Sondergebiet SO 1 ist für das Einkaufszentrum eine Verkaufsfläche von mindestens 5.000 m² und maximal 16.500 m² festgesetzt, im Sondergebiet SO 2 ist für ein Einkaufszentrum eine maximale Verkaufsfläche von 16.600 m² festgesetzt. Im Sondergebiet SO 3 sollen großflächige, nicht zentrenrelevante Handelsbetriebe azfgenommen werden. Ferner sind ein Industriegebiet und ein Gewerbegebiet festgesetzt, in denen Einzelhandelsbetriebe aller Art ausgeschlossen sind. Ausnahmsweise können Einzelhandelsbetriebe mit nicht zentrenrelevantem Sortiment bis zur Grenze der Großflächigkeit zugelassen werden, wenn keine Beeinträchtigung der zentralen Einkaufsbereiche zu erwarten ist. Diese Voraussetzung hat das OVG Rheinland-Pfalz in der Voinstanz als unwirksam beurteilt, die weiteren Festsetzungen allerdings nicht beanstandet.
Auf die Revision der Antragsteller – Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich, die teilweise von Einzelhandelsbetrieben genutzt werden – wurde das Urteil des OVG nun aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an ihn zurückverwiesen. Dass das Oberverwaltungsgericht die Festsetzungen des Bebauungsplans für die Sondergebiete SO 1 und SO 2 nicht beanstandet hat, sei nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar. Gemäß dem Urteil des BVerwG ist die Beschränkung der Zahl der zulässigen Einkaufszentren in den Sondergebieten SO 1 und SO 2 auf ein Vorhaben je Gebiet unwirksam, da es hierfür keine Rechtsgrundlage. Dies hatte das BVerwG in seinem Beschluss vom 13. November 2012 (4 BN 30.12) noch offen gelassen. Ausgeführt hat das BVerwG auch, dass es nicht an dieser Auffassung festhält, sofern sie aus dem Urteil vom 10. November 2011 (4 CN 9.10) gegenteilig entnommen werden könnte.
Begründet hat dies das BVerwG wie folgt: § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauNVO scheidet als Rechtsgrundlage für die Festsetzung aus. Das Regelungsmuster der §§ 2 bis 10 BauNVO kann nur unter Einhaltung der Vorgabe aufgegriffen werden, dass die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen sind. Eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben lässt sich allerdings nicht als Festsetzung der Zweckbestimmung verstehen. Als Bestimmung der Art der Nutzung eines sonstigen Sondergebiets ist die Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben ebenfalls nicht möglich. Die nummerische Beschränkung zulässiger Anlagen trägt auch zur Kennzeichnung der Art der zulässigen Nutzung nichts bei, da sie keinen Anlagentyp qualifiziert, sondern vielmehr die Nutzungsoptionen quantifiziert. Die Beschränkung der Zahl der zulässigen Vorhaben ist auch nicht als Bestimmung des Maßes der zulässigen Nutzung zulässig, da sie nicht mithilfe der gemäß § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (z. B. der Grundfläche) erfolgt ist. Zusammengefasst besteht für eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem sonstigen Sondergebiet (§ 11 Abs. 1 BauNVO) also keine Rechtsgrundlage.
Das Gericht hat des Weiteren ausgeführt, dass das Oberverwaltungsgericht allerdings zu Recht die auf die Verkaufsflächen der Einkaufszentren bezogenen Beschränkungen gebilligt hat. Der Senat konnte allerdings nicht beurteilen, ob die Unwirksamkeit der Beschränkung der Zahl zulässiger Einkaufszentren zur Gesamtunwirksamkeit oder zur Teilunwirksamkeit der Festsetzungen für die Sondergebiete SO 1 und SO 2 führt und wie dies auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchschlägt. Es bleibt also abzuwarten, wie das OVG in dieser Sache entscheidet.
Entscheidung:
BVerwG, Urteil vom 17.10.2019 – 4 CN 8.18 -, ECLI:DE:BVerwG:2019:171019U4CN8.18.0
Verfahrensgang:
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.04.2018 – 8 C 10812/17.OVG -, ECLI:DE:OVGRLP:2018:0425.8C10812.17.00