§ Kommentar
Bekanntmachung der Arten umweltbezogener Informationen durch Schlagworte
Zu BVerwG, Urteil vom 06.06.2019 – BVerwG 4 CN 7.18 -.
26. August 2019
Die Gemeinden haben Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vor der öffentlichen Auslegung der Entwürfe der Bauleitpläne ortsüblich bekannt zu machen. Das BVerwG hat nun geurteilt, wie die in der Auslegungsbekanntmachung zu charakterisierenden Umweltthemen der vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen hinsichtlich ihrer Begrifflichkeit zu bilden sind.
Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB sind die Gemeinden dazu verpflichtet, Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vor der öffentlichen Auslegung der Entwürfe der Bauleitpläne ortsüblich bekannt zu machen. In der Praxis bestehen häufig Unsicherheiten darüber, ob der Hinweis auf Informationen zum Umweltthema ausreichend ist.
In der Bekanntmachung des angegriffenen Bebauungsplans hieß es zu den umweltbezogenen Informationen: „Folgende umweltbezogene Informationen und Stellungnahmen sind (teilweise in der Form von Fachgutachten) verfügbar und liegen ebenfalls öffentlich aus: Umweltbericht mit Aussagen zu den Schutzgütern Mensch, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und sonstigen Sachgütern; die weiteren wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen von Privaten, Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange zu den Themen Geräuschemissionen und -immissionen, Entwässerung, Lufthygiene, Klima, Biotopschutz, Artenschutz, Boden, verkehrliche Erschließung, Energiekonzept.“ Der daraufhin auch beschlossene Bebauungsplan wurde inzwischen bekanntgemacht. Das OVG NRW stellte mit Urteil vom 30. Mai 2018 (- 7 D 49/16.NE -, BauR 2018, 1365) allerdings die Unwirksamkeit fest, da der Plan unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB zustande gekommen sein soll. Die Bekanntmachung lasse der Auffassung des Gerichts zufolge nicht erkennen, zu welcher Art von Lärm (wie gewerblicher oder Straßenverkehrslärm), die Informationen vorliegen würden. Des Weiteren fehlten Angaben, welcher Art die umweltbezogenen Informationen seien, also ob es sich bei den vorliegenden Themen um Informationen aus Sachverständigengutachten, Behördenstellungnahmen, Stellungnahmen eines sonstigen Trägers öffentlicher Belange oder Einwendungen von Privaten handelt. Hiergegen legte die Antragsgegnerin Revision ein, da sie die Anforderungen der Vorinstanz an die Bekanntmachung für überzogen hält und dies zu einer Überinformation führt, die die erwünschte Anstoßwirkung verfehlt.
Die Angabe der Antragsgegnerin in ihrer Bekanntmachung, dass umweltbezogene Informationen zu dem Thema Geräuschemissionen und -immissionen vorliegen, genügt den Anforderungen, sodass eine Unterscheidung nach einzelnen Lärmquellen oder -arten nicht erforderlich ist, denn § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB verlangt die Angabe der Arten der Informationen, nicht der Informationen selbst. Die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen sind nach Themenblöcken zusammenfassen und in der ortsüblichen Bekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren. Da Angaben zu Arten von Informationen zu machen sind, sind die Informationen nach Gattungen oder Typen zusammenzufassen. Als strukturierendes Merkmal ist der Inhalt der Informationen zu wählen. Die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB hat eine Anstoßwirkung und soll dazu ermuntern, sich über die Planungsabsichten zu informieren und gegebenenfalls mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen, indem sie eine erste inhaltliche Einschätzung ermöglicht, welche Umweltbelange thematisiert werden. Hierfür wird eine Zusammenfassung nach Themenblöcken verlangt. Das BVerwG merkt hierzu treffenderweise an: „Schlagwörter zu bilden ist schwierig. Die zum Zeitpunkt der öffentlichen Auslegung vorliegenden Umweltinformationen sind regelmäßig umfangreich, auch weil der Begriff der Umweltinformationen weit zu verstehen ist […].“ Die Bekanntmachung muss hinsichtlich der Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, also mit Schwierigkeiten umgehen. Eine dieser Schwierigkeiten besteht zum Beispiel darin, dass Schlagwörter Informationen nicht ohne Verlust abbilden können. Sie verkürzen oder verfremden und können bei einer Reihung den unzutreffenden Eindruck einer nach Umfang und Untersuchungstiefe gleichrangigen Behandlung erwecken. Zudem verfügen die Gemeinden auch über keinen Thesaurus als verbindliches Verzeichnis möglicher Schlagwörter.
Die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB verlangt von der Gemeinde die Mitteilung von einfachen Informationen. Sie ist dabei nicht zur Selektion der bekannt zu machenden Informationen befugt. Auch bei der Bildung der Schlagwörter kann die Gemeinde im Grundsatz von der Bezeichnung ausgehen, die der Ersteller einer Information selbst für zutreffend gehalten hat. So kann sie einen oder mehrere sinntragende Begriffe aus dem Titel der jeweiligen Information aufgreifen. Sie ist also nicht grundsätzlich verpflichtet, vermeintlich bessere oder treffendere Schlagwörter zu vergeben. Im vorliegenden Fall genügte die Antragsgegnerin diesen Anforderungen an die umweltbezogenen Informationen zum Thema Lärm, da ihr eine gutachterliche Ausarbeitung vorlag, aus deren Titel das hierin behandelte Thema „Geräuschemissionen und -immissionen“ durch das geplante Vorhaben hervorging. An diesem Haupttitel hatte sie sich orientiert.
Auch, dass die Angaben zu den umweltbezogenen Informationen in der Bekanntmachung beliebig erscheinen könnten, führt nicht automatisch zu einem Verstoß, da selbst wenn sie sich in unterschiedlichen Planaufstellungsverfahren ähneln, dies häufig darauf zurückzuführen sein dürfte, dass viele Bauleitpläne vergleichbare umweltfachliche Fragen aufwerfen. Klarstellend hat der Senat zudem darauf hingewiesen, dass ein Rückgriff auf die Titel der umweltbezogenen Informationen nicht geboten ist, sondern auch andere, die Anstoßfunktion erfüllende Gestaltungen möglich sind. Er warnt jedoch vor einer Überinformation. Das Oberverwaltungsgericht hat zudem unrichtigerweise angenommen, dass die verfügbaren Dokumente näher zu beschreiben sind, also dass darzulegen ist, ob es sich etwa um Sachverständigengutachten, Behördenstellungnahmen, Stellungnahmen eines sonstigen Trägers öffentlicher Belange oder Einwendungen Privater handelt. Die umweltbezogenen Informationen sind gemäß dem Urteil des BVerwG jedoch (nur) nach ihrem Inhalt zu strukturieren, die Beschaffenheit der jeweiligen Information ist nicht anzugeben.
Auch dass die Bekanntmachung nicht den Autor oder Urheber der Umweltinformationen nennt, hat das BVerwG nicht gerügt, denn die Art einer Information sei nicht ihr Urheber. Das BVerwG hat das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Mai 2018 mit der gegenständlichen Entscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das OVG Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
Mit der vorliegenden Entscheidung des BVerwG besteht nun Klarheit, wie die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen in der Bekanntmachung zu charakterisieren sind. Bei der schlagwortartigen Charakterisierung der Begriffe darf die Gemeinde grundsätzlich sinntragende Begriffe aus dem Titel der jeweiligen Information aufgreifen. Ein Hinweis auf die Beschaffenheit (z. B. als Gutachten oder Stellungnahme) und den Autor der jeweiligen Informationen ist nicht erforderlich.
Entscheidung:
BVerwG, Urteil vom 06.06.2019 – BVerwG 4 CN 7.18 -, ECLI:DE:BVerwG:2019:060619U4CN7.18.0